Jorgos der Bergführer
Nach zwei Tagen am Strand hatte Guido genug und wollte etwas anderes erleben. Wir fuhren ins Landesinnere und besuchten das Wild Nature Eco Camp. Jorgos, der Betreiber, ist ein sehr erfahrener Wanderführer. Er hat alle 107 Schluchten Kretas durchwandert und erstellt unter anderem offizielle Wanderrouten für Gemeinden. Rund um sein Camp gibt es 47 ausgearbeitete Routen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Wir waren zu diesem Zeitpunkt die einzigen Gäste und erlebten Jorgos sehr privat.
Wir kochten spontan zusammen und am nächsten Tag führte er uns in die Patsos-Schlucht. Er war dort mit verschiedenen Offiziellen unterwegs, um die Sicherheit zu überprüfen und Risikofaktoren zu erkennen und zu beseitigen. So konnten wir auch den sehr schwierigen Teil der Schlucht erkunden, in dem fast durchgehend geklettert werden musste. Leider gibt es von diesem Teil keine Fotos, da wir unsere Kleidung und unsere Smartphones zurückgelassen haben. Wir brauchten beide Hände zum Klettern und mussten durch tiefes Wasser waten.
Die volle touristische Dröhnung
Um ganz in den Südwesten zu gelangen, muss man zuerst nach Nordwesten und von dort wieder nach Süden fahren. Eine Verbindung von Süden nach Westen ist wegen eines unüberwindbaren Gebirgszuges nicht möglich. So fuhren wir vom Wild Nature Camp zunächst über Chania nach Kissamos, wo wir uns zwei Tage auf einem einfachen Campingplatz erholten. Dem Rat des Campingplatzbetreibers folgend, brachen wir am nächsten Morgen bereits vor 7 Uhr auf, um nach Balos zu gelangen. Diese Bucht ist eine Touristenhochburg. Sie wird von Booten als Tagesausflug angeboten und bietet – etwa 20 Minuten Fußweg entfernt – einen Parkplatz für Besucher, die lieber mit dem Auto anreisen.
Da die ca. 10 km lange Zufahrt entlang der steil abfallenden Felsküste für normale PKW nicht geeignet ist, scheint die Anfahrt mit Mietwagen von den Vermietern verboten zu sein. Wir fuhren diese Straße und erreichten den Parkplatz als zweites Fahrzeug. Um in die Bucht zu gelangen, muss man viele Höhenmeter überwinden und einer sehr langen Treppe folgen, die sich durch den steilen Fels schlängelt. Wir genossen das türkisblaue Wasser, badeten und sonnten uns, und als der Andrang immer größer wurde, verließen wir kurz vor 10 Uhr den Strand.
Wie eine Ameisenstraße bahnten sich die Menschenmassen ihren Weg die Treppen hinunter. Als wir den Parkplatz erreichten, trauten wir unseren Augen nicht: Mehrere hundert Fahrzeuge standen dort und das Auge konnte keinen freien Platz mehr erkennen. Dass es sich überwiegend um Mietwagen handelte, muss wohl nicht extra erwähnt werden, oder? Auf der Zufahrt fuhren wir an Schlangen weiterer Autos vorbei, die noch auf dem Weg waren. Wir waren froh, gegen den Strom geschwommen zu sein.
Auf in den Süden
Unser nächstes Ziel war Paleochora. Einer der beiden dortigen Campingplätze, Grammeno Camping, wurde im Internet sehr gelobt und die Entfernung zu Elafonissi, dem Touristenstrand schlechthin auf Kreta, erschien uns attraktiv. Grammeno liegt ca. 4 km außerhalb des Ortes Paleochora, während der zweite Campingplatz attraktiver liegt, wenn man den Ort besuchen möchte. Die Größe des Platzes und der Gesamteindruck veranlassten uns, die 4 km nach Grammeno zu fahren.
Wir haben es nicht bereut und blieben drei Nächte auf diesem schönen Platz. Der Platz liegt direkt an einer abwechslungsreichen Bucht und in der Umgebung gab es zwei, drei kleinere Bars und Tavernen, die man besuchen konnte, wenn man wollte. Nach den Erfahrungen in der Bucht von Balos entschieden wir uns, Elafonissi nicht zu besuchen und fuhren stattdessen an der Küste entlang zurück nach Kissamos. Am Falassarna Beach hielten wir an und übernachteten auf dem Parkplatz neben der Taverne. Die Bucht war auch sehr schön, aber total überlaufen. Am nächsten Tag fuhren wir über Kissamos nach Chania und von dort nach Rhetymno, wo wir auf dem Campingplatz Elizabeth übernachteten. Wir befanden uns im touristischsten Teil der Insel – der Nordwesten bis Osten ist das Hauptziel internationaler Touristen.
Ein Tagesausflug nach Vai
Nach einer Übernachtung in Rhetymno folgten wir der Hauptstraße in Richtung Osten und wollten am frühen Morgen eine Wanderung durch die Richtis-Schlucht machen. In der Nähe der Schlucht angekommen, stellten wir zu unserem Erstaunen fest, dass der Parkplatz bis auf den letzten Platz gefüllt war. Da es im Umkreis von einigen Kilometern tatsächlich keinen Parkplatz gab, entschlossen wir uns kurzfristig, in Richtung Sitia weiterzufahren. Dort besuchten wir in der Nähe den Strand von Vai und die umliegenden Buchten mit ihren alten Kulturgütern. Wir konnten dort sehr schön baden und registrierten das Schild Camping verboten am Strand. Im Osten weht ein starker Wind. Das ist das Revier der Windsurfer. Wir entschlossen uns spontan, noch die ca. 90 Minuten nach Koutsounari zu fahren und dort bis zum Ende der Kreta-Rundreise zu bleiben.
Katzen? Katzen!
Insgesamt verbrachten wir elf Nächte auf dem Campingplatz in Koutsounari. Ariane bekam Besuch von einigen Freundinnen aus der Schweiz und wir verbrachten einen lustigen Abend in der Taverne Koyros. Die insgesamt sechs Frauen kamen aus Basel oder Umgebung. Guido war der Hahn im Korb, umgeben von 8 (in Worten: acht!) Frauen 🙂
Die nächsten Tage verbrachten wir entspannt am Strand und kümmerten uns vor allem um die einheimischen Katzen. Wie überall in Südeuropa wird Tierschutz in Griechenland eher klein geschrieben und so gibt es viele Dramen zu beobachten. Insgesamt verteilten wir über 12 kg Nassfutter und gaben den Härtefällen noch Medikamente gegen Milben und Würmer. Für Westeuropäer ist das einfach schwer zu ertragen, keine Frage. Zwei kleine Büsis, die Katze war ca. 12 Wochen und der Kater ca. 6-7 Wochen jung, hätten Glück gehabt, wenn wir ein Zuhause gehabt hätten. Dann hätten wir sie sicher mitgenommen. Da dies nicht der Fall war, mussten wir hart bleiben und ihnen das Herz brechen. Das Leben kann ungerecht sein, nicht wahr?
Die Rundreise auf Kreta ging ruhig zu Ende und wir lernten noch Hans-Peter und Gisela näher kennen – ein sehr nettes Ehepaar aus dem Schwarzwald. Mit ihnen konnten wir uns am letzten Abend noch ein wenig persönlich unterhalten und einen Wein zusammen trinken, bevor es am nächsten Tag mit der Fähre zurück aufs Festland ging. Wir genossen den letzten kretischen Sonnenuntergang und fotografierten die Nachbarfähre, kurz vor dem Auslaufen. Was wir danach alles erlebt haben, werden wir beim nächsten Mal erzählen.