Wir entschieden uns, die Fährverbindung über die Donau zu nutzen, um Bulgarien zu verlassen und in Rumänien einzureisen. Alternativ hätte die Möglichkeit bestanden, ca. eine Fahrstunde entfernt über die Grenzbrücke in Russe zu fahren. Diese Strecke wird überwiegend von Lastwagen genutzt und es besteht die Gefahr von Verzögerungen bis zu 7 Stunden. Diesem Risiko wollten wir uns nicht aussetzen. In Orjachowo, in Nordwestbulgarien, verliessen wir Bulgarien und warteten auf die Fähre, die uns über die Donau nach Rumänien bringen sollte. Mit insgesamt ca. 2 Stunden Verspätung erreichten wir ca. um 16.00 Uhr das rumänische Ufer, erledigten schnell und unkompliziert die Formalitäten und gerieten aufgrund der Verspätung etwas in Zeitnot. Die letzte Aufgabe des Tages bestand für uns darin, einen geeigneten Übernachtungsplatz zu finden.
Fehlangaben in Rumänien, Regen und streunende Hunde
Dies gestaltete sich schwieriger als gedacht. Der erste, sehr grenznahe angezeigte Campingplatz war in Wahrheit eine verlassene, vollkommen heruntergekommene Ansammlung von kaputten Häuschen. In denen wohnten noch Menschen, wie wir anhand der vorhandenen Matratzen und Wohnaccessoires herausfinden konnten. Ein weiterer Platz in der Nähe erwies sich, als freie Wiese unmittelbar neben einer Brücke und Hauptstrasse gelegen. Dieser Ort kam für uns ebenfalls nicht infrage. Wir fuhren ca. 1 Stunde zum nächsten offiziell deklarierten Campingplatz, neben einem Gasthaus gelegen.
Während der Fahrt dorthin entlud sich der Himmel mit einem der schwersten Gewitter der gesamten Reise. Teilweise lag die Sicht unter 50 Meter. Als wir das Gasthaus erreichten, war dieses dunkel und wir erkannten schnell, dass dort niemand mehr zu Hause war. Die Stellplätze im Garten existierten noch. Ein Nachbar vermittelte uns mit Händen und Füssen, dass dort geschlossen sei und wir weiterfahren müssten. Langsam wurde es schwierig. Der Abend und die Dunkelheit rückten immer näher. Guido suchte nach Campingplätzen, wurde fündig und rief an, denn wir wussten, dass der nächste Schuss ein Treffer sein musste. Tatsächlich nahm jemand ab und Guido meldete uns verbindlich an.
Wir fuhren durch die ländlichen Regionen Rumäniens und erlebten zum ersten Mal die vielen streunenden Hunde live. Ein Dorf folgte auf das nächste und überall wimmelte es vor streunenden, teils hinkenden Hunden. Wir kamen mehr schlecht als recht voran, denn zum einen wurde es immer dunkler und die Sicht war schlecht und zum anderen wollten wir keinen Hund überfahren – am Strassenrand lagen mehr (Hunde-)Leichen als wir ertragen konnten. Nach mehr als zwei Stunden Fahrt erreichten wir um kurz nach 20.00 Uhr die Adresse und parkten auf dem Parkplatz eines Restaurants. Wir meldeten uns an, liessen uns den Platz hinter dem Restaurant zeigen und assen zunächst zu Abend. Eine gute Stunde später fielen wir müde ins Bett und störten uns auch nicht am Lärm der Strasse, die vor dem Restaurant vorbeiführte.
Rumänien erzeugt gemischte Gefühle
Am Morgen erwarteten uns drei Streuner, die aufgereiht neben unserem Camper sassen und uns friedlich anschauten. Zwei von ihnen hatten ein gebrochenes Bein und humpelten umher. Dieser Zustand schien niemanden zu stören und es kümmerte sich keiner um die armen Kreaturen. Wir hatten noch Reissalat im Kühlschrank und beschlossen, den Hunden diesen zu überlassen. Eine Dose Thunfisch fand noch ihren Weg in die Schüssel und nach dem den Hunden ihr Frühstück hingestellt hatten, war es keine fünf Sekunden später bereits verputzt. Mehr konnten wir nicht tun, doch der Zustand belastete uns. Wir lieben Tiere und es war sehr hart, mitzuerleben, wie die rumänische Gesellschaft mit Tieren umgeht.
In den nächsten Tagen erkundeten wir die Umgebung der Karpaten und übernachteten an wunderschönen Campingplätzen. Zum einen entdeckten wir einen Eco Campingplatz mit einem parkähnlichen Grundstück, wo wir zwei Tage verweilten und sowohl mit den Betreibern, als auch mit anderen Campern eine gute Zeit hatten. Die Betreiber tauchten im Fluss hinter ihrem Grundstück regelmässig nach Gold und waren dabei sehr erfolgreich. Sie generieren durch den Verkauf des Goldes ein nennenswertes, regelmässiges Einkommen. Der nächste Platz war die Villa Hermani in Māgura/Bran.
Bei Hermann, einem deutschsprachigen Rumänen, kampierten wir sehr gemütlich im Garten seiner Pension. Der Platz war gut besucht und auch sein Hotel war ausgelastet. Viele Besucher nutzen die Region zum Wandern und Rad fahren.
Das Braunbär-Reservat
Wir fühlten uns sehr wohl und die Menschen in Rumänien waren ausserordentlich freundlich. Von Bran führte uns der Weg nach Zărnești zum Libearty Bear Sanctuary. Das Reservat ermöglicht befreiten Braunbären einen angenehmen und sicheren Lebensabend. Die Bären stammen aus Käfigen vor Kirchen, Restaurants und Bars, wo sie zur Schau gestellt wurden, um Gäste anzulocken. Andere fristeten ein Leben als Tanz- oder Zirkusbären. Alle haben gemeinsam, dass sie die meiste Zeit ihres Lebens eingesperrt waren und miserabel behandelt wurden. Das Reservat bietet 69 ha unberührten Wald, mit vielen Badestellen und unzähligen Rückzugsorten. Am Tag finden während zwei Stunden Führungen statt, die sich auf Wegen an einem kleinen Teil des Reservates abspielen und so konzipiert sind, dass die Bären nicht gestört werden.
Diese Führungen sind eine der Einnahmequellen, der gemeinnützigen Organisation. 119 Bären sind derzeit dort untergebracht. In Rumänien leben geschätzt etwa 7.000 wild lebende Bären in den unberührten Wäldern der Karpaten und weitere etwa 4.000 Wölfe. Das Sanctuary leistet eine wertvolle Arbeit und ist unserer Ansicht nach unterstützenswert. Sie benötigen bspw. täglich 2.000 kg Futter für die Bären. Die Arzt- und sonstigen Unterhaltskosten kommen hinzu.
Transfăgărășan – der Ort, an dem man Braunbären auf der Strasse trifft
Uns wurde mehrfach geraten, die Transfogarascher Hochstrasse (Transfăgărășan) zu fahren. Die Strasse verbindet das Argeș-Tal in der Grossen Walachei mit dem Olt-Tal in Siebenbürgen, wobei sie das Făgăraș-Gebirge – eine Gebirgsgruppe in den Transsilvanischen Alpen – überquert. Mit etwas Glück sieht man, neben einer spektakulären Natur und zahlreichen Verkaufsständen entlang der Strasse, wilde Braunbären auf Futtersuche nahe der Strasse. Zumeist handelt es sich um ältere Tiere, die gelernt haben, dass Touristen sie füttern, wenn sie sich zeigen. Bei unserer Überquerung haben wir neben einigen älteren Bären in eher schlechtem Zustand eine kräftige, gesunde Bärin mit zwei Kleinen beobachten können.
Transalpina – die Panoramastrasse durch die Südkarpaten
Die Transalpina, die Nationalstrasse 67C, verbindet den Kreis Gorj in der Walachei mit Alba in Siebenbürgen. Diese Panoramastrasse war unsere letzte Destination in Rumänien. Der erste Teil, der uns auf über 2100 m üNN führte, hätte auch in Graubünden sein können. Der weitere Verlauf war für uns spektakulärer und erinnerte uns an kanadische Wälder und Flüsse. Hier hätten wir am Fluss ausgezeichnet wild campen können. Leider haben wir das nicht gewusst und sind nach Beendigung der Strasse bis nach Ungarn gefahren. Unsere Zeit in Rumänien endete hier und das Ende unserer Europa-Tour näherte sich mit rasanten Schritten.