Von Swakopmund zum Erongo Gebirge oder: shit happens!

Unsere neue Kreditkarte ist da

Unsere nächste Etappe führte uns in das Erongo Gebirge. Vorher erlebten wir allerdings einige spannende Sachen, über die wir nun berichten wollen. Am Montagmorgen rief die Kreditkartenfirma an und verkündete uns die frohe Kunde, dass die neue Karte zum Versand bereit sei. Sämtliche beanstandete Buchungen der Karte wurden bereits gutgeschrieben. Guido musste lediglich ein Beanstandung-Formular unterschreiben und zurücksenden und dann war alles erledigt.

Von unserer Meldung bis zur Gutschrift und Ausstellung einer neuen Karte dauerte es fünf Tage, das Wochenende eingerechnet. Ein anschauliches Beispiel, wie wertvoll es ist, in solchen Situationen entspannt zu bleiben. Die neue Karte ist übrigens drei Tage später bei unseren Freunden per Kurier angekommen und wird in wenigen Tagen von uns in Empfang genommen. Wir sind beeindruckt, wie schnell das alles vonstattenging.

Der kitschige Sonnenuntergang am Tiger Reef

Abends haben wir mit unseren Freunden noch gefeiert – es war bestes Wetter, sodass wir den Abend im Tiger Reef ausklingen lassen konnten. Ein tolles Lokal direkt am Strand. Hier treffen sich bei gutem Wetter hunderte Menschen, sitzen auf den Planken, lassen die Füsse baumeln und geniessen bei einem gekühlten Drink einen perfekt kitschigen Sonnenuntergang. Bei gutem Wetter am Abend gibt es kaum einen schöneren Ort für den Sundowner. Das war für uns der erste und einzige Abend mit Sonnenschein – bei acht Tagen in Swakopmund. Vorher hat sich Guido noch an der Jetty – der endlos lange Steg in Swakopmund – mit seinen Nisi-Filtern vergnügt und Bilder mit Langzeitbelichtung gemacht. Der Leuchtturm von Swakopmund musste auch dran glauben und wurde aus einer aussergewöhnlichen Perspektive für einige Fotografenkollegen fotografiert, für die ein Leuchtturm eine besondere Bedeutung hat.

Auf in die wunderschöne Region des Erongo

Am nächsten Morgen fuhren wir frohen Mutes Richtung Erongo-Gebirge ab. Wir fuhren zunächst die Küste entlang Richtung Henties Bay bevor uns der Weg dann quer durch die Wüste, vorbei an der Spitzkoppe, zum Erongo führte. Vor Henties Bay liegt noch ein Schiffswrack nahe der Küste, das in einem guten Zustand ist und nun als Kormoran-Nistplatz dient. Wir bogen am Wrack der Zeila von der Strasse ab und sahen einige Menschen in zwei Gruppen in den Dünen um ein Feuer sitzen. Das Wetter war an der Küste wieder rau. Kaum waren wir abgebogen, standen mehrere dieser Personen auf und näherten sich uns – es waren Verkäufer, die auf Touristen warteten.

Ihre Ware bestand aus diversen Steinen. Zumeist Halbedelsteine, gelegentlich poliert, ansonsten als Rohsteine in einer grossen Pappschachtel dargeboten. Hey Boss, we are not criminals, we just want to show you some beautiful stones, begrüssten uns die Jungs. Zwei junge Männer und eine ältere Frau standen vor uns und schauten uns erwartungsvoll an. Guido packte sein Stativ aus, montierte seine Filter und antwortete ihnen, dass er zunächst fotografieren möchte und dann wiederkomme. Guido hielt sich länger an dem Strand auf und während er fotografierte, kamen weitere fünf Autos mit Touristen den Weg hinauf gefahren. Während er mit Langzeitbelichtungen fotografierte, beobachtete er das Geschehen und wurde traurig. Ausnahmslos alle Touristen reagierten sehr harsch. Manche drohten mit der Körpersprache, andere flüchteten – die Partner blieben bei laufendem Motor in den Autos sitzen – allzeit bereit, den ausgestiegenen Partner zu retten.

Wenn die Vorsicht regiert

Die Fotografierenden stiegen meist schnell aus, entfernten sich wenige Meter vom Auto, sahen sich dabei ständig links und rechts um, führten schnell die Kamera vors Auge und ‘klack’ war das Bild im Kasten. Millisekunden später sassen sie wieder im Auto, den Kopf noch schüttelnd beim Einsteigen und schwupp waren sie bereits wieder weg. Wir nahmen ihnen das Verhalten nicht übel, aber es machte uns dennoch traurig. Wir wissen aufgrund unserer eigenen Recherchen, dass man beim Lesen so mancher Afrika-Foren den Eindruck gewinnen kann, dass hinter jeder Ecke böse Buben lauern. Wenn man diesem Thema zu viel Raum gibt, entsteht eine Touristen-Blase. Ein Raum, der es niemandem mehr ermöglicht, mit einem guten Gefühl und mit Neugierde Menschen kennenzulernen.

Unser Instinkt funktioniert, wenn wir es zulassen. Diese Menschen hier waren sicher keine cleveren Marketing-Spezialisten. Sie fanden es bspw. sehr witzig, auf dem Strand vor dem Wrack aus Seehund-Knochen menschliche Skelette zu formen. Der Anführer der Drei, ein junger Mann von etwa Ende zwanzig, gluckste laut, als er Guido stolz erzählte, dass sie das gebaut haben. Guido interessierte sich für sie und sie unterhielten sich sicher noch zwanzig Minuten lang. Ihre Familien leben im Norden des Landes und sie versuchen nichts anderes, als irgendwie Geld zu verdienen, um diese Familien durchzubringen. Je länger sie miteinander sprachen, desto fröhlicher und ausgelassener wurde der Anführer. Sie lachten und Guido hatte das Gefühl, sie unterstützen zu wollen.

Unser Sprechstein war gefunden

Schatzi, komm bitte mal – such doch bitte einen Stein aus, der dir gefällt. Hier in dieser Pappschachtel liegt irgendwo unser neuer Sprechstein. – Wir hatten im Vorfeld der Reise überlegt, wie wir mit Konflikten zwischen uns umgehen sollen. Das Leben auf vier Quadratmetern für 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche ist ja nicht immer lustig. Was machen wir, wenn wir Meinungsverschiedenheiten haben? Wie können wir Eskalationen vermeiden? Wir entschieden uns für einen Sprechstein – im Falle eines ernsteren Konfliktes, darf nur derjenige sprechen, der den Sprechstein in der Hand hält. Der Andere hört zu und sagt nichts, bis er den Stein bekommt.

Auf die Art vermeiden wir, dass sich Situationen aufschaukeln und wir uns ins Wort fallen, was dem Konflikt neue Nahrung gibt. Wir glauben, dass wir auf diese Art schnell auf die sachliche Ebene zurückkehren können. Ob das klappt, können wir am Ende der Reise sagen! Der Stein war schnell gefunden und Guido bat die Verkäufer darum, von jedem ein Porträt für seine Reihe Faces of Africa machen zu dürfen. Sie willigten sofort ein und es entstanden Portraits, wo sie ihm ihr echtes Gesicht zeigten. Bevor wir fuhren, bezahlten wir den Stein und gaben ihnen jedem noch etwas extra.

Es ist kompliziert

Während der Fahrt zum Erongo waren wir gedankenversunken und still. Dinge sind, wie sie sind und es ist nicht so recht möglich herauszuarbeiten, wer da welche Verantwortung trägt. Klar gibt es kriminelle Gruppen, die Autos ausbremsen, Scheiben einschlagen, Wertsachen stehlen und verstörte Touristen zurücklassen. Zudem gibt es Touristen, die sich fast schon hysterisch darin hineinsteigern. Da werden dann hinter jeder Ecke schlimme Dinge vermutet. Für sie ist fast jeder Weg zwischen zwei Destinationen ein gefährliches Abenteuer.

Wir hoffen, dass sich das irgendwie entwirrt. Nach unseren Erlebnissen ist Namibia nicht anders als andere Orte dieser Welt. Welche Qualität haben denn Ferien, wenn die Neugierde auf die Menschen, die Kultur und das Land von Ängsten und Sorgen überschattet wird? Am frühen Nachmittag trafen wir im Erongo Gebirge ein und fuhren auf die Farm Eileen zum Erongo Plateau Camp – einer immer wieder lobend erwähnten Campsite. Uns erwartete eine tolle Campsite in einer atemberaubenden Gegend.

Uwe, Geli und ihr 2CV

Kaum angekommen, bauten wir unser Camp auf und Sonja traf auf dem Weg zum WC Uwe. Uwe und Geli sind mit ihrer Ente unterwegs. Eine Ente mit Kultstatus – ein anderer Motor, ein verstärkter Rahmen, Sandbleche auf dem Dach und 32 Jahre voller Geschichten. Wir luden sie spontan auf ein kaltes Bier ein – die beiden haben keinen Kühlschrank und kühlen Getränke, in dem sie die Dose in eine feuchte Frottee-Socke stecken und bei der Fahrt aus dem Fenster halten. Eine Stunde später schlugen sie bei uns auf und verliessen uns erst nach dem Abendessen und mehreren Stunden toller Unterhaltungen wieder. Wenn alles klappt, treffen wir sie nochmals im Mai, dann nämlich sind sie für zwei Monate wieder mit ihrer Ente in Namibia unterwegs. Wir freuen uns auf sie und hoffen, dass es klappt.

Warum heisst diese Episode nun Shit happens? Ganz einfach: Guido hat in einem Moment totaler geistiger Verwirrung aus Versehen alle Bilder der obigen Erlebnisse gelöscht. Er glaubte die Bilder bereits auf die Festplatte kopiert zu haben und formatierte die SD-Karten. Tatsächlich waren die Bilder noch nicht kopiert und jetzt sind alle Aufnahmen weg. Eine der beiden Karten (256 GB SanDisk Extreme 90 MB/S) liegt seither unangetastet sicher verwahrt, falls es doch noch eine Möglichkeit gibt sie zu retten. Bei Sony sollen herkömmliche Recovery-Programme nicht helfen. Wir belassen es jedoch dabei und eventuell findet sich eine Möglichkeit nach unserer Rückkehr in die Schweiz. Das hauseigene Recovery-Programm von SanDisk hat jedenfalls keine Datei wiederherstellen können. Das einzige Foto, das überlebt hat, ist das hier gezeigte Bild von uns, dass uns auf der Campsite zeigt. Die Aussicht war gigantisch und die Fernsicht betrug mehr als 100 km.

Dieses Bild zeigt uns, wie wir auf unserer Campsite im Erongo Plateau Camp sitzen und in die Ferne schauen.
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