KTP – unsere letzte Destination in Botswana
Unsere letzte Destination in Botswana führte uns erneut in die Kalahari, genauer in den Kgalagadi Transfrontier Park (kurz KTP). Dieser Park ist ein Zusammenschluss zweier Parks von Botswana und Südafrika mit einem Zugang von Namibia aus. Der südafrikanische Teil unterliegt sehr strikten Verhaltensregularien und die Camps sind eingezäunt. Mata Mata, Twee Rivieren, so wie Nossob beherbergen 30+ Menschen ohne Probleme. Die Nachbarn sind nahe beieinander und es passt nicht so recht zu unserer bisherigen Reiseart. Bisher waren Nachbarn mindestens mehrere hundert Meter, meist sogar einige Kilometer entfernt. Man kann sich im Park frei bewegen und die Grenzen ohne offiziellen Grenzübertritt überschreiten, solange man den Park in dem Land wieder verlässt, in dem man ihn betreten hat.
Buchen wir noch südafrikanische Camps?
Wir hatten sowohl im Vorfeld in der Planungsphase, als auch während unserer Reise nie das Gefühl die südafrikanischen Bereiche des KTP besuchen zu müssen. In Mashatu, bei unserem Trails Guide Kurs, lernten wir Otto kennen – einen südafrikanischen Teilnehmer. Er war mit seinem Vater regelmässig im KTP und schwärmte von Nossob und Mata Mata. Was uns seinerzeit auch abgeschreckt hat, ist das Tohuwabohu, das um die Buchung gemacht wird.
Viele Menschen versuchen bereits 1.5 bis 2 Jahre im Voraus ihren Aufenthalt zu reservieren und tatsächlich werden stets irgendwelche Termine kurzfristig wieder frei. SanParks, der verantwortliche Betreiber der südafrikanischen Camps, bietet ein online Tool zur Buchung an. Auf unserer Fahrt von Ghanzi zu unserer ersten Destination, der Kaa-Region, diskutierten wir, ob wir spontan nicht versuchen sollten für 4 bis 5 Tage eine Campsite in Nossob bzw. Mata Mata zu buchen und dann über Twee Riveren nach Südafrika auszureisen. Wir entschieden, dass wir bei unserem letzten Tankstopp in Hukuntsi schauen wollten, ob es freie Plätze gibt. Sollte es so sein, wollten wir buchen und ansonsten den Aufenthalt so gestalten wie wir das vorhatten.
Das Buchungsdesaster
Gesagt, getan: Guido blieb im Auto und surfte, während Sonja im hiesigen Shop noch ein paar Kleinigkeiten einkaufte. Tatsächlich waren exakt im Anschluss an unsere botswanischen Buchungen noch zwei Nächte in Nossob und anschliessend drei Nächte in Mata Mata frei. Guido wollte das buchen und bei der Weiterleitung zur Zahlung, wurde ihm eine SMS mit einem zusätzlichen Code zugestellt. Leider kam die nie an, da die Schweizer SIM-Karte zu Hause lag. Ein Klick auf abbrechen sorgte für einen Fehler auf der Webseite. Die Reservierung war noch aktiv, aber sie war nicht mehr aufrufbar. Gleichzeitig war eine Neureservierung nicht mehr möglich, da die Campsites nicht mehr als frei angezeigt wurden – sie waren ja durch unsere imaginäre Reservierung geblockt.
Es gab eine Festnetznummer und eine angegebene Mobilnummer von San Parks. Die Festnetznummer war nicht erreichbar und bei der Mobilnummer sprang eine Mailbox an. Nach dem 10. Versuch – Sonja wollte nicht aufgeben – am Ende brachen wir dennoch ab. Guido versprach ihr als Kompromiss, am Kaa-Gate nochmals sein Glück zu versuchen und die Ranger einzuspannen. Gesagt, getan. Nach unserem Check-in – wir blieben drei Nächte in diesem Teil des Parks – schrieben wir dem Ranger unsere Daten auf. Er erklärte sich bereit, mit Two Rivers, dem Hautpcamp (‚Twee Riveren‘ auf botswanischer Seite) zu telefonieren und zu schauen, was er für uns tun kann.
gibt es hier irgendwo Wasser?
Wir fuhren in den eher stiefmütterlich behandelten Teil des KTP und unser Ziel war die Swart Pan. Es handelt sich dabei um eine grosse Pfanne, die etwa 70 km vom Gate entfernt liegt. In diesem Jahr war alles anders – in der Kaa-Region hat es im Dezember das letzte Mal geregnet und die Natur war trocken. Das künstliche Wasserloch an der Pan war leider ausgetrocknet, da die Wasserleitungen des Bohrlochs defekt waren. Es gab in der gesamten Region kein Wasser. Die Landschaft war traumhaft schön, allerdings fehlten die Tiere. Wir sahen in den vier Tagen vereinzelt Oryx-Antilopen und Löffelhunde und hörten in zwei Nächten einen Löwen brüllen – gesehen haben wir ihn leider nicht.
Zurück am Gate erfuhren wir vom Ranger, dass es in Nossob immer irgendwie Platz hätte, seine Versuche dort anzurufen, allerdings fehlschlugen und er deshalb keine Bestätigung einholen konnte. Er riet uns einfach hinzufahren. Wir fanden das unbefriedigend, da wir die Strapaze der 160 km teilweise starken Tiefsands nur auf uns nehmen wollten, wenn wir auch den Bereich um Mata Mata erkunden könnten. Somit kam für uns nur ‚ganz oder gar nicht‘ infrage. Wir verliessen den Park und fuhren zum zweiten Gate auf der botswanischen Seite – dem Mabuasehube Gate – und ein letztes Mal versuchte Guido sein Glück.
Die Rangerin war hilfsbereit und rief in Nossob in Guidos Beisein an. Es meldete sich ein Herr und als sie den Hörer an Guido weitergab, änderte sich das Telefonat in einen Monolog. Der Herr am anderen Ende der Leitung wollte nicht mal auf sein „good morning“ antworten und legte auf. Ein zweiter Anrufversuch blieb unbeantwortet und nach etwa zwanzigmal klingeln, winkte Guido lachend ab und erklärte Sonja, dass das Projekt Nossob/Mata Mata gestorben sei. Die Zeichen waren von Beginn an eindeutig und es änderte sich nicht – alles war ok.
Jetzt konnte es losgehen
Die nun beginnenden fünf Tage hatten es emotional in sich. Unsere erste Campsite, die wir für drei Nächte buchten, lag abgeschieden auf einem Plateau mit 180° Sicht auf die Mabuasehube Pan. Am ersten Abend genossen wir ein Lagerfeuer mit Panoramasicht, als es auf einmal anfing stark zu winden und in der Ferne Gewitter aufzogen. Der Wind war sehr warm, trotz der fortgeschrittenen Stunde und so blieben wir sitzen und genossen das Spektakel. Als der Sternenhimmel sichtbar wurde und sich die Milchstrasse zeigte, konnten wir nicht anders und mussten unser fotografisches Glück versuchen. Wir hatten das Glück und konnten Blitze gemeinsam mit der Milchstrasse einfangen.
Die Mpayathutlwa Pan
Am ersten Tag fuhren wir fünf der umliegenden Pfannen dieser Region ab, um uns zu orientieren. In diesem Teil des Parks hatte es nicht viel geregnet, aber bis auf ein Wasserloch waren alle gefüllt. Springböcke, Kuhantilopen und Gnus waren zahlreich vertreten – von den Räubern war leider weit und breit nichts zu sehen. Am zweiten Tag sind wir am frühen Morgen zur Mpayathutlwa Pan gefahren und hatten Glück: auf der gegenüberliegenden Pfannenseite entdeckten wir einen stattlichen Löwen, der sich anschickte die Pfanne in gemütlichem Tempo zu überqueren. Wir konnten ihn eine Weile begleiten und im besten Morgenlicht fotografieren, bis er sich dann unter einem Busch niederliess, um ein wenig zu schlafen.
Aus eins mach zehn
Am nächsten Morgen kehrten wir zurück und trafen auf ein zehnköpfiges Rudel an der Stelle, wo sich einen Tag vorher der Löwe niedergelassen hatte. Es handelte sich um zwei männliche Löwen (eine Koalition) und drei Löwinnen mit insgesamt fünf Jungen. Während sieben von ihnen bereits unter einem Baum lagen und schliefen, hatten wir das Vergnügen eine Löwin mit einem Jungen beim Schmusen beobachten zu dürfen.
Das Junge zog sodann weiter zum Papa, der ebenfalls noch einige Zärtlichkeiten austauschen musste, bevor es sich diese drei dann ebenfalls gemütlich machten und ins Reich der Träume entschlummerten. Wir fuhren zufrieden zurück in unser Camp, genossen den Tag im Schatten und kehrten dann am späten Nachmittag zurück. Die Wahrscheinlichkeit, dass Löwen, die sich zum Schlafen irgendwo am Morgen hinlegen, am Nachmittag noch immer da sind, ist ausgesprochen hoch. So waren wir nicht überrascht, als wir das gesamte Rudel an nahezu unveränderter Stelle wiederfanden. Wir durften die Jungen beim Spielen beobachten und hatten eine riesige Freude.
Gab es eine feindliche Übernahme?
Am Abend fuhren wir dann glücklich zurück auf unsere Plateau-Campsite und freuten uns darauf, am nächsten Morgen in die Mpayathutlwa Pan umziehen zu können. Am nächsten Morgen erfuhren wir dann, dass es in der Nacht in der Pfanne einen grossen Kampf gegeben hatte. Zwei fremde Löwen haben die beiden dominanten Löwen des Rudels herausgefordert und wollten das Rudel übernehmen. Wenn eine solche Aktion gelingt, hat dies sehr ernste Konsequenzen. Die neuen dominanten Löwen töten umgehend alle Jungtiere, damit die Löwinnen wieder empfängnisbereit werden und sie ihre Gene weitergeben können. Uns fuhren mehrere Schauer über den Rücken.
Diese niedlichen kleinen Löwenjungen, die wir am Vorabend noch beim Spielen genossen haben, könnten eventuell bereits tot sein? Dieser mächtige Löwe vom Morgen sollte besiegt worden sein? Es kann nicht sein, was nicht sein darf und an diesem Tag änderte sich alles. Die Leichtigkeit beim Game-Drive wich einer Angst. Wir betrachteten die Vorgänge natürlich aus einer menschlichen Perspektive. Die sich möglicherweise zeigende Grausamkeit, die die Natur ebenfalls aufbieten kann, belastete unsere Gemüter. Es wurde nicht besser als es niemandem – alle umliegenden Camper suchten das Rudel – gelang, das Rudel aufzuspüren. Es half nichts, aber wir mussten mit diesem Gefühl schlafen gehen. Am späteren Abend hörten wir dann zwei Löwen brüllen. Auch das brachte keine Erkenntnisse, denn sowohl die bisherigen Platzhirsche waren zu zweit, als auch die Herausforderer.
Spuren von den Jungen
Es ist verrückt aber in der Nacht konnten wir das Brüllen nicht geniessen. Am Morgen standen wir derart früh auf, dass wir bereits um 05:15 Uhr abfahrbereit waren. Bei der Fahrt zum Wasserloch sahen wir frische Löwenspuren. Wir begutachteten die Spuren genau und stellten die Grösse fest. Unser Fazit war eindeutig: die Jungen leben. Das waren gute Nachrichten – es bedeutete allerdings am Ende ’nur‘, dass es Überlebende gab. An anderer Stelle haben wir dann weitere Spuren entdeckt. Diese Fülle liess uns zu dem Schluss kommen, dass die alten auch die neuen Machthaber waren. Es gab keine Anzeichen von Hektik bei diesen Spuren. Das hat uns zutiefst berührt und wir waren glücklich. Es ist natürlich naiv aber die Zeit mit den Kleinen reichte aus, um nicht mehr unparteiischer Beobachter sein zu können.
Deshalb berührte uns das sehr. Für uns war es dann nicht mehr so dramatisch, dass wir tatsächlich das Rudel bis zu unserer Abreise nicht mehr gefunden haben. Am Abend vor unserer Abreise hörten wir die beiden Löwen dann in unmittelbarer Nähe unseres Zeltes am Pfannenrand brüllen. Kraftvoll und den ganzen Körper durchdringend, erreichte uns ihr Gebrüll und wir hielten eine Weile inne und widmeten ihnen unsere ganze Aufmerksamkeit. Am nächsten Morgen durften wir – nach insgesamt 19 Nächten an verschiedenen Plätzen der Kalahari – per Zufall und vollkommen unvorbereitet eine braune Hyäne sehen, wie sie gemütlich vom Wasserloch kommend über die Pfanne schlenderte.
Eine überraschende Begegnung mit Wilddogs
Als wir das Gate verliessen, stiessen wir, ausserhalb des Gates aber immer noch im Parkbereich, vollkommen unverhofft auf eine Gruppe Wilddogs (oder painted dogs). Die erfolgreichsten Jäger im afrikanischen Busch (sie erlegen 85-90 % der auserkorenen Beutetiere) sind faszinierende Tiere mit einer unglaublichen Sozialstruktur. Wir freuen uns jedes Mal, wenn wir das Glück haben, sie sehen zu dürfen. Da bereitete uns Botswana noch tolle Erlebnisse bevor wir das Land verliessen und die Grenze Richtung Südafrika überquerten!