Wir hatten das Privileg, aus sehr kurzer Distanz die Geburt eines kleinen Elefanten mitzuerleben. Es bedurfte einiger völlig schräger Fügungen, damit wir am Ort des Geschehens sein konnten. Aber der Reihe nach: Den Grundstein legte der liebe Kurt Haas, Schweizer und Eigentümer der Parrot Lodge in Bulawayo. Als wir ihm unsere Route erläuterten und die Absicht, in der Nähe von Mana Pools nach Sambia zu fahren, riet er uns, den Grenzposten bei Kariba zu nutzen. Chirundu, der grosse Grenzposten der Region, liegt auf der Achse von Lusaka nach Harare. Die Strasse ist überfüllt mit grossen LKW. Der Grenzposten beim Kariba Dam Wall hingegen liegt etwas abgeschiedener nahe Kariba und es handelt sich um einen kleinen Grenzposten. Wir waren von der Idee überzeugt und hatten das im Kopf vorgemerkt.
Der Kühlschrank liefert 35° C
Kaum hatten wir die Eastern Highlands erreicht, stieg unser Kühlschrank am zweiten Tag auf La Rochelle aus. Nein, er stieg nicht aus, sondern er verweigerte seine Arbeit und kühlte nicht mehr. Ein hiesiger Techniker kam vorbei, überprüfte den Kühlschrank auf ein Leck in der Gasleitung und fand keins. Er war allerdings der Ansicht, dass der Anschluss zum Gasauffüllen etwas locker war. Das richtige Gas wurde eingefüllt und der Druck war innerhalb einer Stunde wiederhergestellt. Nun hiess es Daumen drücken. Wir konnten nach kurzer Wartezeit wieder kühle Getränke geniessen und auch am nächsten Tag lief der Kühlschrank einwandfrei. Nach kurzer Besprechung entschieden wir uns, unseren Weg fortzusetzen und fuhren nach Mana Pools.
Kaum dort angekommen, erkundigte sich Sonja, ob Guido den Kühlschrank verstellt hätte. Nach der klaren Verneinung gingen die Mundwinkel nach unten und sie berichtete von 12 °C im Eis- und 15 °C im Kühlfach. Das Problem war zurück und wir befanden uns am Sambesi, mit Tagestemperaturen von 38 °C und ohne Infrastruktur. Kurz darauf kamen die beiden Niederländer um die Ecke, die wir im Caprivi kennengelernt hatten. Wir verschenkten die verderblichen Lebensmittel, die wir nicht mehr zubereiten konnten. Innerhalb eines Tages stieg die Temperatur im Kühlschrank auf 35° C an.
Auf nach Kariba
Wir kamen gut durch die Zeit, da die Beiden für uns immer wieder Getränke kühlten und wir noch im Besitz von Gemüse waren. Deshalb waren wir in der Lage abwechslungsreich zu kochen. Einzig das ewig warme Wasser wurde sehr bald nervig. Nach drei Tagen, unsere bisherige Buchung war abgelaufen, entschieden wir uns gegen eine Verlängerung und verliessen Mana Pools mit dem Ziel Kariba. Dort wollten wir Kontakt zum Hersteller aufnehmen und ggf. einen anderen Techniker finden, der den Kühlschrank noch einmal untersuchen sollte. Nach dem Hinweis von Kurt, war das Problem mit dem Kühlschrank als zweiter Faktor massgeblich daran beteiligt, dass wir die Geburt miterleben durften. Warum, erklären wir gerne. Wir entschieden uns für eine Übernachtung im Warthogs Safari Camp, mit Lage am See, mitten in der Natur. Die Meinungen, die wir dazu fanden, klangen sehr überzeugend.
Action im Warthogs Safari Camp
Wayne und Louisa, die Eigentümer und Betreiber des Camps, sind sehr herzliche Menschen. Wayne tut alles in seiner Macht Stehende, um seinen Gästen zu helfen. Als er von unserem Problem hörte, rief er umgehend seinen Klimatechniker an und bestellte ihn ein. Dieser stand 30 Minuten später vor unserem Auto und nahm den Kühlschrank kurzerhand mit, um ihn einem ausführlichen Check zu unterziehen. Wayne und Guido nahmen Kontakt mit dem südafrikanischen Hersteller auf und innerhalb von einer Stunde hatte Guido eine Reaktion auf ein Mail, dass er am Vortag verschickt hatte. Wir fuhren nun zweigleisig. Den Hersteller versuchten wir zu überzeugen, dass er unser gerade sechs Monate junges Gerät austauscht. Falls der Mechaniker in der Zwischenzeit erfolgreich wäre, könnten wir diesen Wechsel wieder absagen.
Am nächsten Morgen war klar, dass das Problem in den internen Leitungen – jenen innerhalb der Isolation – liegen musste. Der Kühlschrank verzeichnete über Nacht einen Druckabfall und auch dieser junge Mann, der laut Wayne genau wusste, was er tat, konnte uns nicht helfen. Guido kam mit dem Hersteller gut voran. Am Ende war mit Waynes Hilfe ein Austausch organisiert und wir mussten uns einfach einige Tage gedulden und auf den Kühlschrank warten. Hier schloss sich jetzt der Kreis.
Zunächst gingen wir an einem heissen Tag im Pool schwimmen, als einige Elefantenbullen durchs Camp zogen. Wir hatten es versäumt, uns in den Barbereich zurückzuziehen, als zwei Bullen den Pool aufsuchten, um zu trinken. Sonja befand sich am Beckenrand im Wasser und Guido sass am Beckenrand ausserhalb des Wassers, als die beiden in ca. 3 Meter Entfernung anfingen zu trinken und aus Spass ins Wasser zu pusten und Blubberli zu erzeugen. Das war genau nach unserem Geschmack und wir genossen diese Begegnung sehr.
Besuch einer Herde und die Geburt eines kleinen Elefanten
Nun passierte das, was wir so lieben und was dem Leben diese ganz besondere Magie verleiht. Am nächsten Morgen wussten wir, dass dies der letzte Tag im Warthogs sein würde. Am kommenden Tag planten wir die Fahrt nach Harare, um am darauffolgenden Morgen ganz früh unseren neuen Kühlschrank in Empfang nehmen zu können und den Defekten zurückzusenden. Im Laufe des frühen Nachmittags sahen wir plötzlich Wayne und Louisa zu uns kommen. Diese boten uns grinsend an, die nächste Nacht in einem ihrer Safari Zelte mit integriertem Bad und Blick auf die Ebene zu verbringen und hielten uns einen Schlüssel entgegen.
Wir waren begeistert, sahen uns das Zelt an und waren die nächste Stunde damit beschäftigt, unsere Kleidung und sonstige Dinge ins Zelt zu bringen, die wir dort brauchten. Dann bauten wir den Camper ab, und verpackten alles, sodass wir abfahrbereit waren. Guidos Plan war, den Camper vor das Zelt zu stellen, als wir feststellten, dass eine sich ankündigende Elefantenherde den Rand des Camps bereits erreicht hatte. Es war nun zu spät und so gingen wir zurück zum Camper und zogen uns die Badesachen an. Wir hatten ja keine Ahnung, was in Kürze geschehen sollte.
Nach einer Erfrischung im Pool, verliessen wir diesen, da die Herde das Camp inzwischen durchstreifte, und sich über die Mopanebäume nahe dem Pool hermachte. Wir bemerkten einige Unruhe weiter hinten, bei den Zelten oberhalb der Campsites, aber wir dachten uns nichts dabei. Der erste Elefant erreichte den Pool, dann ein Zweiter und es wurden immer mehr. Sie bevölkerten die Wiese vor der Bar und es war wieder einmal ein Spass ihnen zuzusehen. Ein Teil der Herde zog dann langsam hinab in die Ebene und der weit grössere Teil der Herde war unruhig bei den Zelten aktiv.
Plötzlich ertönte ein lautes Trompeten und die Herde geriet in grosse Unruhe. Wir versuchten durch die Mopanebäume zu erkennen, was da vor sich ging, konnten aber nichts Besonderes ausmachen. Die Unruhe wurde immer grösser und ein anderer Gast hatte sein Fernglas dabei und rief plötzlich aufgeregt, dass bei einer Elefantenkuh alles voller Blut sei. Wir schauten uns alle ungläubig an und unsere Synapsen brauchten eine Weile, um zu begreifen, dass wir Zeugen einer Geburt, mitten im Camp, wurden.
Nun gab es kein Halten mehr. Wir pirschten uns in den Mopanewald, wagten den Spagat, so nah wie möglich heranzukommen, ohne uns zu gefährden und dann purzelte auch schon ein kleiner Elefant aus seiner Mama. Er blieb auf dem Boden liegen und war durch die ihn umgebende Silberhaut sehr gut zu erkennen. Das Konzert, was da folgte, war unbeschreiblich. Die Energie, die von dieser Herde freigesetzt wurde, war ebenfalls sehr, sehr beeindruckend. Innerhalb einer halben Minute waren die Elefantenkuh und ihr Neugeborenes von der Herde eingekreist und für uns nicht mehr sichtbar. Der Kleine wurde begrüsst und wir hatten Tränen in den Augen.
Guido war bereits früh klar, dass Aufnahmen mit dem Handy auf 20 Meter Entfernung durch den Mopanewald nichts werden würden. Seine Kameras waren alle abfahrbereit verpackt im verschlossenen Auto, etwa 10 Meter neben der Herde. So nah und doch unerreichbar weit weg. Das Schicksal war manchmal doch sehr hart.
Die Situation verändert sich
Dann auf einmal bahnte sich die Wende an. Die Herde verteilte sich im umliegenden Busch und zog sich etwas zurück. Die Mutter, das Neugeborene und eine weitere Elefantenkuh, wir nehmen an, dass es die ältere Schwester des Kleinen war, blieben am Ort der Geburt. Wir gingen ihnen in einem grossen Bogen entgegen und gelangten auf die Rückseite unseres Autos. Guido war wild entschlossen es zu wagen, erklärte Louisa, dass er nun auf Zehenspitzen ganz langsam zum Auto gehen würde, um dann im Camper die Kamera zu holen. Gesagt, getan, schlich er barfuss, nur mit der nassen Badehose bekleidet zum Auto. Er kletterte unter das Bett und stemmte die Klappe auf, um das Teleobjektiv herauszuziehen und den passenden Body zu suchen.
Sonja tauchte plötzlich hinter ihm auf und er war froh sie zu sehen. Die Klappe war eigentlich bei geschlossenem Bett etwas zu eng, um alle Sachen zu finden, aber gemeinsam schafften wir es. Nachdem die Kamera einsatzbereit war, nutzten wir auch noch die Gelegenheit, uns trockene Sachen anzuziehen. Kurze Zeit später, schlichen wir zurück zu den anderen, und Guido nahm mit einem breiten Grinsen im Gesicht auf dem Boden Platz. Er begann den inzwischen etwa 40-45 Minuten alten Jungbullen zu fotografieren. Nicht alle Menschen im Camp konnten still stehen oder sitzen und so zogen wir uns alle nach einer Zeit zurück und liessen sie alleine.
Die Fügungen
Am Abend erreichten wir das Zelt nur über die Ebene, indem wir einem Hippopfad folgten (Wir wurden mit dem Auto bis unter unser Zelt gebracht). Die Kuh war mit ihrem Kalb in unmittelbarer Nähe unseres Zeltes. Wir hörten sie den gesamten Abend, wie sie versuchte, die Plazenta zu vergraben, um keine Räuber anzulocken. Sie hob Steine an und versuchte ein Loch zu buddeln und sie war unermüdlich zugange. Am nächsten Morgen waren sie einige hundert Meter weitergezogen und das gab uns die Gelegenheit, den Ort genauer zu inspizieren.
Es war hoch spannend, die einzelnen Orte zu sehen und bei der Betrachtung lief der Film vor unserem Auge ab. Die Plazenta lag immer noch auf dem Weg, wir sahen, wo der Kleine lag, wo sich die Herde bewegt hatte und erneut waren wir sehr bewegt. Für Wayne und Louisa war dieses Erlebnis noch grossartiger als für uns, denn das Geschehen bedeutet nichts anderes, als, dass sich die Elefanten in ihrem Camp sicher fühlen – ansonsten hätte die Kuh dort niemals geboren. Elefanten können einsetzende Geburten stoppen und aufhalten, wenn die Umgebung ihnen nicht passt.
Wir fuhren am Vormittag ab in Richtung Harare, tauschten am nächsten Morgen die Kühlschränke und verliesse Simbabwe dann in Richtung Sambia. Wenn wir dieses Erlebnis dann auf die Fügungen untersuchen, dann ergibt sich ein sehr komplexes Bild, wo die üblichen Unterscheidungen eben nicht greifen. Da war der klare Hinweis von Kurt, dann der Ausfall des Kühlschrankes und ohne diese ganzen Bemühungen wären wir nie so lange dort geblieben. Wir mussten im Warthogs stranden, damit wir das erleben durften. Das Leben ist grossartig, nicht?